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„Josef Afritsch war als Mensch umgänglich und gemütlich!“

Im Gespräch mit Zeitzeuge Paul Millwisch

Am 21. März 1947 fand in Wien die Gründungsversammlung des Verbandes „Volkshilfe“ statt. Zur ersten Präsidentin wird Luise Renner, die Gattin des damaligen Bundespräsidenten Karl Renner gewählt, geschäftsführender Präsident wird Josef Afritsch und Leopold Millwisch wurde zum Generalsekretär und nach dem Ableben von Afritsch zum Präsident der Volkshilfe ernannt. Afritsch und Millwisch verband eine tiefe Freundschaft, weiß Sohn Paul Millwisch, über dessen Besuch wir uns in der Volkshilfe-Zentrale sehr gefreut haben.


Herr Millwisch, herzlich Willkommen in den Räumlichkeiten der Volkshilfe Österreich, wo Ihr Vater auch 1947 schon als Generalsekretär tätig war. Erzählen Sie doch ein bisschen was über ihren Vater und über die Zeit damals.
Ich freue mich ganz besonders, hier in der Auerspergstraße Nummer 4, in der Zentrale der Volkshilfe, sein zu können, da in diesem Büro auch mein Vater tätig war. Er hat gemeinsam mit Josef Aftritsch die Volkshilfe aufgebaut. Zuerst als Generalsekretär und nach dem Tod von Josef Afritsch als Volkshilfe Präsident von Wien und von Österreich.

Ihr Vater war mit Josef Afritsch sehr eng befreundet?
Absolut. Man kann sie beste Freunde nennen. Wir waren öfters bei ihm zu Besuch und es war immer ein sehr herzliches Verhältnis, auch zwischen
mir und Beppo Afritsch.

Wie würden Sie denn Josef Afritsch als Mensch beschreiben?
Gmiatlich. Er war als Mensch sehr umgänglich, allerdings auch sehr durchsetzungsstark, wenn es um seine politische Arbeit und seine Arbeit als Innenminister ging.

Ihr Vater war Sozialist, so wie Sie ihn beschreiben?
Mein Vater war in der Zeit des Austrofaschismus als illegaler Sozialist tätig. Weil er damals aus der ČSSR die illegale Arbeiterzeitung geschmuggelt hatte, wurde er verurteilt und verhaftet und im Anhaltelager Wöllersdorf festgesetzt. Diese Verurteilung wurde erst Anfang dieses Jahrtausends aufgehoben und ich habe keinen Straftäter mehr als Vater.

In den 50-Jahren war die Volkshilfe unter Ihrem Vater ja sehr aktiv?
Mein Vater hat in den 50-er Jahren beim Ungarn-Aufstand die Hilfe der Volkshilfe mitorganisiert, dann wieder beim Prager Frühling, den ich ja, im Gegensatz zu Ungarn, noch persönlich mitbekommen habe.

Was war einer der letzten großen Aktionen, die Leopold Millwisch in seiner Amtszeit geleitet hat?
1977 gab es das große Erdbeben in Friaul, und das war die letzte aktive Hilfe, die mein Vater erbringen konnte. Hier gab es ein wenig Glück. Die Monate davor gab es ein Hochwasser in Kärnten und es waren die ganzen Hilfsmittel, Container und Zelte dort gelagert und sind sehr, sehr schnell zum Einsatz gekommen. Das wurde seitens der Zivilbevölkerung dort sehr positiv aufgenommen, vor allem weil ja die Hilfe aus Rom dann erst eine Woche später kam.

Es gibt eine schöne Begebenheit mit dem Schauspieler Paul Hörbiger?
Eine nette Anekdote gab es zu dem Kinderhilfsprogramm der schwedischen Regierung. Das wurde gemeinsam mit der Volkshilfe und anderen Hilfsorganisationen aus Österreich durchgeführt. dabei konnten österreichische Kinder in Schweden den Sommerurlaub verbringen. Dafür hat sich der Volkshilfe Präsident und Innenminister Afritsch gemeinsam mit meinem Vater anlässlich einer Reise nach Stockholm bedankt und mit dabei war Paul Hörbiger. Er wusste, dass mein Vater gerne sang, also packte er ihn am Arm, ging auf die Bühne und sie sangen gemeinsam ein paar Wiener Lieder. Am nächsten Tag stand dann in der Tageszeitung Dagens Nyheter: Mögen die schwedischen Reichstagsabgeordneten sich an ihren österreichischen Kollegen ein Beispiel nehmen! Die singen, unsere brummen nur.

Ihr Vater war auch mit Buno Kreisky gut befreundet?
Zu Bruno Kreisky hatte mein Vater ein sehr gutes, persönliches Verhältnis. Er war in Hietzing der Führer der jungen Sozialisten und mein Vater war das gleiche im Alsergrund. Und wie man weiß, hat der Kreisky auch seinen Anteil an der Gründung der Volkshilfe.

Fotos & Video: Stefan Joham

9. Januar 2023

Das Interview mit Paul Millwisch (li.) führte Kommunikationsleiter Erwin Berger (re.) von der Volkshilfe Österreich.

Hier geht es zum Video

Rückfragen & Kontakt:

Erwin Berger, MAS
Leiter Kommunikation Volkshilfe Österreich
+43 676 83 402 215
erwin.berger[at]volkshilfe.at

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