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9 von 10 armutsbetroffenen Familien fehlt Geld für Kleidung, Essen und Wohnen Volkshilfe zu Notlagen armutsbetroffener Kinder durch Corona

9 von 10 armutsbetroffenen Familien fehlt Geld für Kleidung, Essen und Wohnen

Volkshilfe zu Notlagen armutsbetroffener Kinder durch Corona

Woran mangelt es armutsbetroffenen Kindern in Österreich in der Pandemie? Die Auswertung aktueller Daten von über 500 Familien zeigt, dass Kleidung und Lebensmittel ganz oben auf der Liste stehen. Die Tatsache, dass es hier um die elementare Grundversorgung geht, zeigt die prekäre Lage und die Notwendigkeit einer nachhaltigen Unterstützung.

 

Projekt Existenzsicherung für armutsbetroffene Kinder in der Pandemie

Die Volkshilfe hat im Jänner die Angaben von über 500 Familien ausgewertet, die ein Jahr lang am Projekt „Existenzsicherung für armutsbetroffene und armutsgefährdete Kinder und Jugendliche in der Pandemie“ teilnehmen. Unterstützt wird das Projekt durch das Sozialministerium. Rund 1.200 Kinder werden mit je 100 Euro im Monat unterstützt und sozialarbeiterisch von der Volkshilfe begleitet. Die ausgewerteten Erstgespräche zeigen, in welche Notlagen armutsbetroffene Familien durch Corona geraten und in welchen Bereichen sie finanzielle Unterstützung brauchen.

Projekt Existenzsicherung für armutsbetroffene Kinder in der Pandemie

Fast die Hälfte der Familien von psychischen Belastungen betroffen

Auffallend ist die besonders hohe Zahl an Familien, die durch Corona von psychosozialen Belastungen betroffen sind. 45% der unterstützen Familien sind davon betroffen, also fast die Hälfte. Ein Trend, den auch aktuelle Studien zur Pandemie bestätigen. 35% der Familien im Projekt sind mit Mehrfachbelastungen konfrontiert. Und 11% berichten von Einkommensverlusten.

9 von 10 Familien fehlt Geld für Kleidung, Essen und Wohnen

Ein Blick auf die Zahlen spiegelt die prekäre Lage wieder, in der Kinder armutsbetroffener Familien leben. Fast 90% der Familien im Projekt planen Ausgaben im Bereich der Grundversorgung. Mehr als die Hälfte sagt, sie werden mit der zusätzlichen finanziellen Unterstützung Kleidung für ihre Kinder kaufen (54%). Jede dritte Familie (33%) wird Ausgaben für Lebensmittel decken. Und für ein Viertel der Familien (24%) geht es um das Bestreiten der Wohnkosten. Der aktuelle Preisanstieg bei Nahrungsmitteln, Energie- und Mietkosten, wird diese Lage noch weiter verschärfen.

Eine Mutter aus dem Projekt erzählt, sie braucht gerade am Monatsende zusätzliche finanzielle Hilfe, um ihre kleine Tochter zu versorgen: „Sonst gibt es am Monatsende nur noch Butternudel.“ Eine andere Familie hatte 30 Monate lang keine Waschmaschine, dann wurde auch noch der Herd kaputt. Die Kosten für die Reparaturen dieser Haushaltsgeräte wären ohne Existenzsicherung nicht leistbar gewesen. Eine alleinerziehende Mutter von drei Kindern unter sechs Jahren erzählt, dass sie durch die Ausgangsbeschränkungen sehr viel Zeit zu Hause verbracht haben, weswegen die Stromnachzahlung heuer besonders hoch ausfiel.

Bildung – Familien sind technisch noch immer nicht gerüstet

Jede vierte Familie im Projekt (26%) wird die Mittel für Schulsachen ausgegeben, wobei der Prozentsatz bei den Familien mit Schulkindern um ein Vielfaches höher ist. Dass vielen Kindern nach wie vor Computer, Drucker oder Internetanschluss fehlen, zeigt die Auswertung ebenfalls: jede zehnte Familie im Projekt plant hier Ausgaben.

In diesem Zusammenhang hebt ein armutsbetroffener Vater auch die positiven Effekte der Nachmittagsbetreuung hervor: „Meine Kinder können mit anderen spielen, werden pädagogisch gefördert, machen mehr Bewegung. Es geht beiden Kindern besser, sie können besser lernen, weil sie einen Platz und Ruhe haben."

Gesundheit – Therapiekosten als größte finanzielle Belastung

Geplante Ausgaben im Bereich Gesundheit werden von den Familien am wenigsten genannt (10%). Größter Punkt sind hier Therapiekosten. Das zeigt die Lücken in der ansonsten guten Versorgung in Österreich auf und spiegelt den Mangel an kassenfinanzierten Therapieplätzen, sowie der fehlenden Kostenübernahme bei manchen Therapien wieder.

Ein Vater berichtet, dass eines seiner drei Kinder im Zuge des ersten Lockdowns eine starke psychische Belastung erlebte und nun in Therapie ist: „Zuerst wollte sie nicht, dass wir Eltern die Sorgen mitbekommen. Dank der Therapie öffnet sie sich mir nun ein wenig.“

 

Kinder brauchen nachhaltige Unterstützung – Kindergrundsicherung jetzt !


„Dass es bei fast allen Familien im Projekt um die Finanzierung von elementaren Grundbedürfnissen geht, zeigt wie dringend es eine Kindergrundsicherung in Österreich braucht. Damit es für die Kinder statt um ein Überleben endlich um ein Erleben geht“, analysiert Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich, die aktuelle Auswertung abschließend.

2. Februar 2022

Die Volkshilfe fordert:

  • Eine staatliche Kindergrundsicherung

  • Finanzielle Absicherung der Eltern über die Anpassung von Transferleistungen und die Erhöhung des Arbeitslosengeldes

  • Sicherstellung der kassenfinanzierten, pädiatrischen Gesundheitsversorgung in ganz Österreich

  • Kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche bei medizinischer Indikation ohne Wartezeiten

  • Flächendeckender Ausbau der kostenfreien Kinderbetreuungseinrichtungen – Öffnungszeiten müssen eine Vollzeitbeschäftigung ermöglichen

  • Ausbau von ganztägiger Schulformen und der Nachmittagsbetreuung

  • Kostenfreies Angebot für Frühstück und warmes, gesundheitsförderndes Mittagessen in Kindergarten und Schule für alle Kinder und Jugendlichen

Das Projekt „Existenzsicherung“ wird unterstützt durch:

MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON

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