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Altersarmut in Österreich

Zahlen, Fakten, Forderungen

Zahlen zu Altersarmut und Frauenarmut:

  • Altersarmut in Zahlen: Im Jahr 2022 waren laut Statistik Austria rund 235.000 Menschen über 65 Jahren von Armut oder Ausgrenzung betroffen. In der Gruppe befanden sich 80.000 Männer und 155.000 Frauen. Mehr als zwei Drittel der armutsbetroffenen über 65-Jährigen sind somit weiblich. Im selben Jahr belief sich die Zahl der Österreicher*innen, die 65 Jahre oder älter waren, auf 1.578.000. 2022 waren daher rund 15 Prozent der über 65-Jährigen armutsgefährdet. 12 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen im Alter über 65 sind in Österreich von Armut betroffen.
     
  • Armutsgefährdung in der Gruppe 65+: Im Jahr 2022 galten 15% der österreichischen Gesamtbevölkerung als armutsgefährdet. Das sind rund 1.314.000 Menschen. 244.000 davon sind Personen, die über 65 Jahre alt sind. Somit sind 15% der Gruppe der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten älter als 65. Bei reiner Betrachtung der Gruppe der Armutsgefährdeten steigert sich der Anteil an über 65-jährigen auf 18%. Diese Anteile liegen deutlich über dem österreichischen Durchschnitt. Ältere Menschen haben somit ein höheres Risiko von Armut betroffen zu sein, als andere Teile der Bevölkerung.
     
  • Die Geschlechterverteilung in der Gruppe der armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Menschen über 65 zeigt eindeutig, dass Frauen stärker von Armut im Alter betroffen sind: unter den Armutsbetroffenen 65+ befinden sich zu 12% Männer und zu 18% Frauen.14% der Frauen in dieser sind erheblich materiell depriviert, haben also beispielsweise Zahlungsrückstände bei Miete, Betriebskosten oder Krediten, können keine unerwarteten Ausgaben im Haushalt tätigen, die Wohnung nicht angemessen warmhalten oder abgenutzte Kleidung oder Schuhe nicht ersetzen.
     
  • Die Bruttodurchschnittspensionen liegen derzeit bei 2.162 Euro für Männer und 1.285 Euro für Frauen. Die durchschnittliche Pensionshöhe von Frauen liegt also deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.392 Euro für einen Einpersonenhaushalt. Das ist ein Unterschied von knapp 900 Euro pro Monat (bzw. von 877 Euro).
     
  • Gesetzliche Pensionsversicherung: Liegt die Gesamtsumme der Pension unter einem gewissen Schwellenwert, so steht den Pensionsbezieher*innen die monatliche Ausbezahlung einer sogenannten Ausgleichszulage zu. Die Differenz zwischen der Pension und dem Schwellensatz wird dann an die Betroffenen ausbezahlt. Der Ausgleichszulagenrichtsatz lag 2023 für Alleinstehende bei 1.110,26 Euro und für Ehepaare sowie Paare in eingetragenen Partnerschaften bei 1.751,56 Euro. Der Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende ist also deutlich geringer als jener für Paare. 28% aller Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten Pensionsbezieherinnen sind daher alleinstehende Frauen.
     
  • Pension Pay Gap: Frauen erhalten in Österreich im Schnitt um 40,5% weniger Pension als Männer. Die Unterschiede des Pension Pay Gaps sind je nach Bundesland unterschiedlich groß. Die größte Ungleichheit herrscht in Vorarlberg: hier erhalten Frauen fast um die Hälfte weniger Pension als Männer (um 47%). Wien verzeichnet mit 30% weniger Rente für Frauen den kleinsten Pension Pay Gap. Im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten sinkt die Geschlechterungleichheit bei den Pensionen zwar, doch diese Entwicklung geht viel zu langsam: zwischen 1997 und 2019 verringerte sich der Unterschied nur um 7,7% (von 46,4% auf 38,7%). Geht die Entwicklung in diesem Tempo voran, erreichen wir erst in 107 Jahren Pensionsgleichheit.

Ursachen von Altersarmut

  • Altersarmut hat vielfältige Ursachen, die sich meist über den gesamten biographischen Verlauf entwickeln und schließlich im Pensionsalter in Form von niedrigen Renten zum Vorschein treten. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, unterbrochene Erwerbskarrieren, das jahrelange Verrichten unbezahlter Fürsorgearbeit, Teilzeitarbeit oder der zunehmende Niedriglohnsektor sind nur einige Beispiele für Faktoren, die zu geringen Pensionsbeiträgen führen.
     
  • Hinzu kommt, dass die sozialstaatlichen Sicherungsmechanismen zu niedrig angesetzt sind, und Menschen mit geringen Pensionen nicht ausreichend absichern. Die niedrigen Schwellensätze der Ausgleichszulage und das oft geringe Pflegegeld führen dazu, dass ältere Menschen in ihrer Pension zu wenig finanzielle Mittel zur Verfügung haben.
     
  • Eine entscheidende Ursache für die niedrigen Pensionen von Männern, aber vor allem von Frauen liegt im derzeitigen Pensionssystem. Seit dem 2003 unter der damaligen ÖVP-FPÖ Regierung eingeführte System der „lebenslangen Durchrechnung“, werden auch schlechte Erwerbs- oder Nichterwerbsphasen, wie beispielsweise bei Arbeitslosigkeit, in die Pensionsberechnung mit einbezogen. Geringfügige Beschäftigung, Teilzeitarbeit, oder Pflege- und Kinderbetreuungszeiten führen somit zu einer niedrigeren Rente. Das wirkt sich vor allem für Frauen negativ aus, weil sie diese Arbeiten zu einem Großteil leisten.
     
  • Da die Höhe der Pension vom Einkommen abhängt, setzt sich ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern in den Pensionen fort. Frauen verdienen im landesweiten Durchschnitt immer noch um 18,5% weniger als Männer. Darüber hinaus wird Pflege- und Betreuungsarbeit pensionsrechtlich zu wenig oder gar nicht abgegolten. Da diese unentgeltliche Arbeit vor allem von Frauen übernommen wird, sind dies entscheidende Faktoren, die zu dem signifikant höheren Armutsrisiko bei älteren Frauen führen.
     
  • Auch die geringen Pensionsbeiträge während Phasen der Erwerbslosigkeit sind eine entscheidende Ursache für Altersarmut, insbesondere bei Frauen. Die Hälfte aller Frauen ist bereits seit mehreren Jahren erwerbsarbeitslos, wenn sie in den Ruhestand gehen: nur jede zweite Frau tritt die Pension aus einer Beschäftigung heraus an. Jene Frauen, die von der Arbeitslosigkeit in die Pension übergehen, sind im Durchschnitt bereits seit sieben Jahren ohne Job.

Forderungen der Volkshilfe
 

  • Bessere Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten: unbezahlte Arbeit, die meist von Frauen erledigt wird, muss im Alter entsprechend „entlohnt“ werden. Die aktuelle Beitragsgrundlage, die monatlich angerechnet wird und 2020 bei 1.922,59 Euro lag, ist deutlich geringer als der brutto Vollzeitverdienst von weiblichen Angestellten (2.303,64 Euro). Eine Erhöhung der Beitragsgrundlage für Kindererziehungszeiten ist daher ein wichtiger Schritt in Richtung Alterssicherung von Frauen.
     
  • Elternteilzeit pensionsrechtlich berücksichtigen: Eltern haben in Österreich die Möglichkeit zur Kinderbetreuung in Elternteilzeit zu gehen. Im Gegensatz zur Pflegeteilzeit wird diese unbezahlte Betreuungsarbeit aber nicht für die Pension angerechnet. Die Pensionsbeiträge, die durch die reduzierte Lohnarbeitszeit entstehen, sollten vom Bund übernommen werden. Diese Maßnahme hätte nicht nur den Effekt, dass Frauen existenzsichernde Pensionen erhalten, sondern wäre ein Anreiz für Väter, verstärkt Kinderbetreuung zu übernehmen.
     
  • Ausbildungszeiten anrechnen: Schul- oder Studienzeiten werden derzeit nicht für die Pension angerechnet. Vor allem für die „Generation Praktikum“ bedeutet das ein erhöhtes Risiko niedriger Pensionen. Die, im Vergleich zu Männern, immer noch steigende Zahl an Frauen mit höherer Ausbildung ist ein Mitgrund für die niedrigen Frauenpensionen. Bildung muss hinsichtlich Pensionen genauso behandelt werden wie Lohnarbeit oder Sorgearbeit.

Forderungen der Volkshilfe


Forderungen zur Bekämpfung von Altersarmut bei Frauen – Maßnahmen, die die Alterssicherung von Frauen unterstützen würden:

 

  • Bessere Anrechnung von Kinderbetreuungszeitenunbezahlte Arbeit, die meist von Frauen erledigt wird, muss im Alter entsprechend „entlohnt“ werden. Die aktuelle Beitragsgrundlage, die monatlich angerechnet wird und 2020 bei 1.922,59 Euro lag, ist deutlich geringer als der brutto Vollzeitverdienst von weiblichen Angestellten (2.303,64 Euro). Eine Erhöhung der Beitragsgrundlage für Kindererziehungszeiten ist daher ein wichtiger Schritt in Richtung Alterssicherung von Frauen.
     
  • Elternteilzeit pensionsrechtlich berücksichtigen: Eltern haben in Österreich die Möglichkeit zur Kinderbetreuung in Elternteilzeit zu gehen. Im Gegensatz zur Pflegeteilzeit wird diese unbezahlte Betreuungsarbeit aber nicht für die Pension angerechnet. Die Pensionsbeiträge, die durch die reduzierte Lohnarbeitszeit entstehen, sollten vom Bund übernommen werden. Diese Maßnahme hätte nicht nur den Effekt, dass Frauen existenzsichernde Pensionen erhalten, sondern wäre ein Anreiz für Väter, verstärkt Kinderbetreuung zu übernehmen.
     
  • Ausbildungszeiten anrechnen: Schul- oder Studienzeiten werden derzeit nicht für die Pension angerechnet. Vor allem für die „Generation Praktikum“ bedeutet das ein erhöhtes Risiko niedriger Pensionen. Die, im Vergleich zu Männern, immer noch steigende Zahl an Frauen mit höherer Ausbildung ist ein Mitgrund für die niedrigen Frauenpensionen. Bildung muss hinsichtlich Pensionen genauso behandelt werden wie Lohnarbeit oder Sorgearbeit.
     
  • Partner*innenunabhängige Ausgleichszulage: derzeit wird bei der Berechnung der Ausgleichzulage das gesamte Haushaltseinkommen berücksichtigt. Die Pension des Partners oder der Partnerin wird also zur eigenen dazugerechnet, wodurch in vielen Fällen der Anspruch auf Ausgleichszulage verfällt. Das führt dazu, dass viele Frauen im Alter von den Pensionsbezügen des Partners abhängig sind. Bis in die 70er Jahre war der Anspruch auf Ausgleichszulage unabhängig vom Partner*inneneinkommen. Eine Widereinführung der partner*innenunabhängigen Ausgleichszulage würde Frauenpensionen erhöhen und zusätzlich für mehr Unabhängigkeit im Alter sorgen.
     
  • Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes: Menschen mit niedrigen Personen müssen sozialstaatlich besser abgesichert werden. Der Ausgleichszulagenrichtsatz für eine alleinstehende Person liegt derzeit weit unter der Armutsgefährdungsschwelle. Ein Weg, um Altersarmut effektiv und sofortwirksam zu bekämpfen wäre daher, die Berechnungsschwelle für die Ausgleichszulage mindestens auf die Armutsgrenze anzuheben.
     
  • Höhere Pensionsbeiträge bei Arbeitslosigkeit: Nur jede zweite Frau tritt die Pension aus einer Beschäftigung heraus an. Die Hälfte aller Frauen ist bereits seit durchschnittlich sieben Jahren erwerbslos, wenn sie in den Ruhestand gehen. Trotzdem soll ab 2024 das Eintrittsalter in die Pension stufenweise erhöht werden. . Einerseits braucht es höhere Pensionsbeiträge im Fall von Erwerbslosigkeit, doch gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass Frauen länger in Beschäftigung bleiben können, bevor sie in Pension gehen. Hier sind die Betriebe gefordert, angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Erwerbsarbeit auch im höheren Alter mit den Lebensumständen vereinbar ist. Ohne einer Senkung der Frauenarbeitslosigkeit in dieser Altersgruppe würde die geplante Anhebung des Frauenpensionsalters die Altersarmut unter Frauen in Österreich weiter vergrößern.
     
  • Änderung des Durchrechnungszeitraums: seit Einführung der "lebenslangen Durchrechnung" werden auch Phasen der Nicht- oder Teilzeiterwerbstätigkeit in die Pensionsberechnung mit einbezogen. Dies ist eine zentrale Ursache für die niedrigen Durchschnittspensionen bei Frauen. Ein effektiver Weg zur Bekämpfung von Altersarmut wäre es daher, nur die einkommensstärksten 15 Versicherungsjahre zur Pensionsberechnung heranzuziehen, oder die schwächsten 10 Versicherungsjahre zu streichen, und somit für eine Aufwertung der Pensionen – vor allem von Frauen – zu sorgen.
     


Neben diesen Vorschlägen muss mittels einer aktiven Arbeits- und Familienpolitik für mehr Geschlechtergerechtigkeit gesorgt werden.

 

  • Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen - Frauen ermöglichen Vollzeit zu arbeiten: aufgrund von fehlender Infrastruktur ist vielen Eltern, vor allem abseits der Städte, eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit nicht möglich. Daher müssen Kinderbetreuungseinrichtungen dringend flächendeckend und qualitativ hochwertig ausgebaut werden.
     
  • Höhere Löhne für frauendominierte Beschäftigungsbereiche: auch die bezahlte Arbeit von Frauen wird geringer geschätzt. In vielen Berufen, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, herrschen niedrige Löhne und prekäre Verhältnisse. Frauendominierte Beschäftigungsbereiche müssen besser entlohnt werden, insbesondere gesellschaftlich höchst relevante Bereiche wie Kinderbetreuung, Bildung, Gesundheitswesen oder Pflege.
     
  • Veränderung in den Köpfen: dass ein Großteil der unbezahlten Fürsorgearbeit immer noch von Frauen erledigt wird, hängt auch heute noch stark mit Rollenbildern zusammen. Die Vorstellung, Frauen seien auf „natürliche“ Weise besser für diese Tätigkeiten geeignet, sitzt tief im kollektiven Bewusstsein. Es wird daher nicht ausreichen, auf Ebene des Sozialsystems, des Arbeitsmarktes oder der Familienpolitik anzusetzen, um Altersarmut langfristig zu bekämpfen. Eine gerechte gesellschaftliche Verteilung der unbezahlten Fürsorgearbeit ist der Schlüssel für Gleichberechtigung und ökonomische Gleichheit zwischen den Geschlechtern. Damit Männer in gleichem Ausmaß wie Frauen in Karenz gehen, Pflegetätigkeiten übernehmen und Hausarbeit leisten, müssen veraltete Rollenbilder und Geschlechterstereotype endlich überwunden werden. Tätigkeiten und Berufe im Bereich der Fürsorge, egal ob bezahlt oder unbezahlt, müssen nicht nur symbolisch und ökonomisch aufgewertet, sondern auch von ihrer geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibung gelöst werden. 

© istockphoto.com - SilviaJansen

25. Mai 2022

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